Karsten Geist, Vizepräsident der Zahnärztekammer Berlin

03.06.2010

Leitartikel MBZ Ausgabe Juni 2010

Theorie und Praxis   Die Berufskundevorlesung an der Universität soll die Studenten auf die spätere Berufsausübung vorbereiten und ihnen den Umgang mit den diversen Begriffen der Selbstverwaltung, des Berufsrechts, der Berufsordnung, des Kassenzahnarztrechts, der berufsständischen Versorgungswerke und der Versicherungen erleichtern und ihnen Begriffe wie Honorarverteilungsmaßstab, angestellter Zahnarzt, Vertragszahnarzt und Entlastungsassistent erläutern.

Schlichtungswesen, Gerichtsgutachter, Budgetierung, Gesamtvergütung, Sachverständige, Weiterbildungsordnung… Wenn man seit vielen Jahren in diesem Beruf tätig ist, muss man sich enorm bemühen, diese Welt mit den Augen eines stud. oder cand. med. dent. zu betrachten. Schnell macht sich Ungeduld breit – auf beiden Seiten! Lang ist es her, als man all diesen Begriffen mit ebenso ungläubigem Misstrauen gegenüberstand und dem Gesprächspartner entweder zu viel Humor oder zu wenig Achtung vor der eigenen Intelligenz unterstellte. Beides stimmte übrigens nicht! In Gesprächen mit unserem Nachwuchs wird einem immer wieder deutlich, dass man mittlerweile eine Fremdsprache spricht, die mit der Berufsausübung im deutschen Gesundheitswesen zu tun hat, nicht aber mit der eigentlichen Profession! Und dass die Realität unseres beruflichen Alltags wiederum nichts gemein hat mit dem, was ein Student sich (mit Recht) für seine Zukunft vorstellt und wünscht. Diese Erkenntnis ist Motivation und Ansporn zugleich. Motivation für die Berufskundevorlesung an der Uni einzutreten, denn unsere Kolleginnen und Kollegen in spe haben ein Recht darauf, zu erfahren, worauf sie sich einlassen. Und sie haben es schwer genug mit diesen Dingen, die „Nichtvertragszahnärzten“ per se unlogisch, ja unwahr erscheinen. Gleichzeitig ist es ein Ansporn, sich dafür einzusetzen, dass der Regulierungswahn der Politik im Verbund mit der unersättlichen Datensammelwut der kranken Kassen die Kolleginnen und Kollegen nicht jeglichen Handlungsspielraumes beraubt, der für die Ausübung eines Heilberufes einfach nötig ist. Dass nicht Jahr für Jahr neue Begriffe, verbunden mit neuen Vorschriften und Verordnungen, die Kollegen überfordern. Zu groß ist das Risiko, dass man sich alleingelassen fühlt, überwältigt resigniert und den Anschluss verliert. Dass man im Bewusstsein, die Anforderungen nicht erfüllen zu können, den Versuch dazu gar nicht erst unternimmt, und sich und andere damit gefährdet. Hilfestellung tut Not! Es ist eben wichtig, dass man weiß, dass ein Ausbildungsassistent ein Vorbereitungsassistent ist und keine fachliche Ausbildung oder gar Weiterbildung durchläuft, sondern „NUR“ die Vorbereitungszeit auf die Tätigkeit als Vertragszahnarzt. Nicht die Perfektion der Behandlung, sondern deren Wirtschaftlichkeit stehen hier im Vordergrund. Wichtig ist auch, dass ein Studiosus erfährt, dass er sich zwar sofort nach dem Staatsexamen niederlassen könnte, ohne „Ausbildungsassistenzzeit“ aber eben auch ohne 90 % der Bevölkerung, die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen. Diese essentiellen Dinge zu vermitteln, fällt der Universität erfahrungsgemäß schwer. Darum sind die Körperschaften der Selbstverwaltung und die standespolitischen Berufsverbände gefragt, sich selbst zu erklären und eine enge Zusammenarbeit mit der Hochschule herzustellen, im Interesse unserer zukünftigen Kollegen. Tun wir es! Ihr Karsten Geist
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