Dr. Wolfgang Schmiedel, Präsident der Zahnärztekammer Berlin, eröffnete den Berliner Zahnärztetag 2013 mit einem expliziten Fokus auf die wirtschaftliche Situation der Zahnarztpraxen und Auswirkungen der GOZ 2012.

Dr. Jörg-Peter Husemann, Vorstandsvorsitzender der KZV Berlin, verwies auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen

Dr. K. Ulrich Rubehn zeigte Veränderungen zwischen GOZ 88 und GOZ 2012 anhand verbreiteter Bereiche der Zahnheilkunde

Dr. Wolfgang Eßer stellte u.a. die Entwicklung der Standespolitik und der Folgen für die Praxen dar

13.06.2013

27. Berliner Zahnärztetag

Praxisoptimierung 2013 – 1 Jahr nach der neuen GOZ

Auf Wunsch der – im Vorfeld nach favorisierten Themen befragten – Berliner Zahnärzte stand der diesjährige Berliner Zahnärztetag am 24. und 25. Mai 2013 unter dem Thema „wirtschaftliche Aspekte der Zahnarztpraxis“. Entsprechend dezidiert politisch und wirtschaftlich geprägt war denn auch der Einführungsteil. Dies betonte bereits Dr. Wolfgang Schmiedel, Präsident der Zahnärztekammer Berlin, in seinen Eröffnungsworten: Der Kongress beleuchte ausführlich und kritisch die moderne Zahnheilkunde unter der Lupe der GOZ 2012 und vermittele auch Aktuelles rund um die neue Gebührenordnung. Dr. Schmiedel: „Mögen die wissenschaftlich und praktisch geprägten Vorträge Ihnen die Arbeit in der Praxis erleichtern, Ihre Kenntnisse bereichern und auch den wirtschaftlichen Daten Ihrer Praxis zugute kommen!“ Dass die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse viel, aber nicht ausschließlich von den Möglichkeiten der GOZ abhängen, ergänzte Dr. Jörg-Peter Husemann, Vorstandsvorsitzender der KZV Berlin, in seinen anschließenden Worten zur Kongresseröffnung: Das Ergebnis einer Praxis sei auch abhängig von der wirtschaftlichen Situation ihrer Patienten und damit auch der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Die Voraussetzungen in den Praxen seien daher nur schwer vergleichbar.

Was die neue GOZ im Einzelnen verändert hat und wie sich Standespolitik auf die wirtschaftliche Situation in den Praxen auswirkt, zeigten die beiden Eröffnungsreferate des Berliner Zahnärztetages seitens des langjährigen Vorsitzenden des GOZ-Senats der BZÄK, Dr. K. Ulrich Rubehn und des Mitglieds des Vorstandes der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer.

Dr. Rubehn blätterte die Veränderungen der GOZ 2012 gegenüber der GOZ ´88 an den wichtigsten Fachbereichen in der Zahnheilkunde auf, zeigte neue Positionen und die Veränderungen bei der Analog-Berechnung. Neu sei beispielsweise, dass die Zahnärzte bei Beratung über 10 Minuten Dauer nunmehr zugriffsberechtigt seien auf die GOÄ 3. Deutlich gesagt werden müsse, dass die Kieferorthopädie bei der neuen GOZ „nicht so gut weggekommen“ sei. Hier reduzierten sich die Verbesserungen weitgehend auf die Positionen 0040 und die funktionsanalytischen bzw. funktionstherapeutischen Leistungen. Besser bewertet als früher seien viele moderne technische Verfahren wie beispielsweise CAD CAM, Arbeit mit dem OP-Mikroskop und – bei bestimmten Indikationen – der Einsatz eines Lasers. Breiten Raum in seinem Vortrag nahmen die Bereiche Prothetik, Füllungstherapie und Prophylaxe ein und hier nicht zuletzt die in den letzten Monaten kritisch diskutierte PZR-Abrechnung. Eine subgingivale Reinigung sei nicht inkludiert, sagte Dr. Rubehn, diese sei nach Auffassung der Kammern allerdings analog berechnungsfähig. Da diese Haltung nicht derjenigen der meisten Kostenerstatter entspreche, sei Streit voraussehbar: „Halten Sie das aus – aber schlagen Sie nicht über die Stränge!“ In der Füllungstherapie, die nach wie vor schlechter als im BEMA honoriert werde, gab er zum Bereich direkter Komposit-Füllungen den Praxen eine grundsätzliche Empfehlung: Sie sollten auf ihren individuellen Grundlagen berechnen, welches Honorar sie für eine Komposit-Füllung benötigten, und dies dann für alle diese Leistungen als Basis festlegen. Als Bilanz nach seiner Übersicht über die Veränderungen der GOZ in den genannten Bereichen, aber auch in der Implantologie, der Endodontie, der Chirurgie und der Parodontologie hielt er fest, dass es einzelne Verbesserungen, aber auch Abwertungen gegeben habe, dass manche Position wie beispielsweise die Nr. 5040 nicht verständlich sei („War das wirklich nötig, so viele Leistungen da mit hineinzunehmen?“) und dass andere Punkte in der GOZ 2012 noch nicht gerichtsfest geklärt seien. Absolut inakzeptabel sei es, dass die Punktwerte nicht erhöht wurden – und dass das Abrechnungsverhalten des Berufsstandes unter politischer Beobachtung stehe: Weiteten sich Kosten für Zahnbehandlung mehr als politisch zugelassen aus, stünde die GOZ 2012 erneut zur Disposition. Hauptkritikpunkte der Kostenerstatter in den letzten 15 Monaten  seien die Analogie-Berechnung, die Gebührenbemessung und ihre Begründung, die Position 2197 für adhäsive Befestigung und die Material- und Laborkosten gewesen. Er kritisierte, dass das Bundesverfassungsgericht die GOZ-Klage der Zahnärzte zurückgewiesen habe: „Auch die Interessen der Zahnärzte sollten rechtlich berücksichtigt werden!“ Eine politisch errechnete Steigerung von 6 % Plus sei nichts bei vorangegangenen 24 Jahren Stillstand, zumal die gesamtgesellschaftlichen Kostenentwicklungen laut Koalitionsvertrag hätten berücksichtigt werden müssen. Die BZÄK fordere daher eine Offenlegung der Ausgaben der PKV für die zahnmedizinischen Leistungen.

Mit einem eindrucksvollen Vortrag nahm anschließend Dr. Wolfgang Eßer das Auditorium mit durch „die wirtschaftliche Situation der Zahnarztpraxis 2013“, so sein Vortragsthema. Anhand einer Ereigniskurve beleuchtete er die Folgen politischer Entscheidungen (vor allem der Gesundheits"reform"gesetze) auf die Zahnarztpraxen und die Konsequenzen jeweiliger standespolitischer Reaktionen: „Wir können hier gut sehen, wo wir falsch- und wo wir richtig reagiert haben.“

Unter Hinweis auf die wirtschaftliche Potenz des Bereiches Zahnmedizin für die Wirtschaftskraft Deutschlands („Die Zahnarztpraxen haben ein Umsatzvolumen von immerhin 22 Mrd. Euro!“) meinte er zur Verhandlungskraft der Standespolitik: „Damit müssen wir uns nicht verstecken – es gibt keinen Anlass für ein gesenktes Haupt!“ Das durchschnittliche Ergebnis der Einnahmen-Überschuss-Rechnung habe pro Praxis in 2012 knapp 130.000 Euro betragen: Ein Viertel aller Zahnärzte habe mehr, ein Viertel aber auch weniger verdient. Ob die 130.000 Euro viel oder wenig seien, sei nur auf der individuellen Ebene zu beurteilen. Skandalös sei die nicht erfolgte Punktwertanhebung, zumal alle anderen Bereiche und hier nicht zuletzt die Gehälter dynamisierten: „Das kann so nicht sein und das kann so nicht bleiben!“ Nach wie bevor bestimme „Kostendämpfung“ die Politik. An der Ereigniskurve zeigte er: „Immer wenn wir einen kleinen erfreulichen Buckel im Bereich der Einnahmen erreicht hatten, bekamen wir von der Politik wieder Gegenwind.“ Als wenig hilfreich habe sich die Standespolitik der „geschlossenen Türen“ erwiesen – die nachfolgenden Vertreter der Interessen der Zahnärzte hätten rund fünf Jahre gebraucht, um die Atmosphäre wieder auf eine Ebene des Austausches zu bringen: „Wir müssen viele Emotionen im Zaum halten.“ Unterm Strich zeige sich aber durch diese Vorgehensweise ein leichtes Plus bei den Praxiseinkommen. Weitere kleinere, aber hilfreiche Vorhaben stünden auf der Agenda. Ein hohes Gefahrenpotential berge die angedachte Bürgerversicherung. Mit Blick auf den Wahlsonntag am 22. September meinte Dr. Eßer: „Standespolitik ist einfacher in einem wohlwollenden Umfeld.“ Einen ausdrücklichen Dank zollte Dr. Eßer der Bundeszahnärztekammer für die erfolgreiche Abwehr der Öffnungsklausel.
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